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Geschrieben von Demophilo am 17.09.2008 um 01:57:

  Freude und Trauer, Trauer und Freude

Ihr kennt sicher auch das Gefühl, dass man Bäume ausreißen könnte vor lauter Freude. Bei mir ist es gerade so. Ich habe eine neue Arbeit und dazu noch ein Traumjob. Und ihr kennt sicher auch das Gefühl, es aller Welt sagen zu müssen. Also rief ich viele Leute an und erzählte es ihnen. Auch meiner alten Arbeitskollegin, für die ich zuvor die Karenzvertretung war, rief ich an. Eine sehr sympathische Person. An ihrem Handy hob aber ihr man ab. "Ja, hallo, kann ich die Brigitte sprechen, ich bin ihr ehemaliger Kollege." "Die Brigitte ist am 18. August gestorben."

Das war ein Keulenhieb. Sie hinterlässt ein 18 Monate altes Kind und ihr anderes Kind ist auch erst ein paar Jahre alt. Da ich nicht mehr dort war, wurde ich nicht einmal von ihrem Tod benachrichtigt. Jetzt musste ich erst recht mit jemanden sprechen, um die Mixtur der Gefühle zu verarbeiten. Ich rief einen alten Kollegen von einer ganz alten Arbeitsstelle an. Wir haben den Kontakt nie ganz verloren, aber uns auch schon länger nicht gesprochen. Ich erzählte im die gesamte Geschichte. Natürlich fragt man da auch, wie es den anderen Kollegen geht. Hast noch Kontakt mit dem, hast was von dem gehört u.s.w. Da sagt er mir: "Kannst dich noch an den Thomas damals erinnern?" "Ja, wie gehts ihm?" "Der hat Corea Huntington" Bum, wieder ein Schlag. Corea Huntington ist eine Erbkrankheit, die ab 40 ausbrechen kann, aber nicht muss. Bricht sie aus, dann hat man höchstens noch 4 Jahre zu leben - davon ist ein Großteil von Siechtum bei vollem geistigen Verstand geprägt.

Nun hätte es aus sein können, aber nun rief ich meine Verwandten in der Heimatstadt an. Meine Schwester hob nicht ab. Also dann ihre Tochter anrufen. Mit der redete ich eine halbe Stunde. Mittendrin sagt sie mir: "Übrigens du weißt ja gar noch nicht das Neueste." Spontan dachte ich an das Schlimmste. "Die Jutta (meine Schwester) wird Urgroßmutter und das gleich 2-fach.Die Miriam und die Evelyn sind schwanger."

Manche werden sich fragen, warum ich diese Geschichte hier schreibe. Darum: Wir leben, ohne es schätzen zu können. Wir leben, als gäbe es kein Ende. Carpe diem - nütze den Tag, wussten schon die alten Römer zu raten. Das ist nicht einfach nur ein Spruch. Lebt euer Leben und lebt es bewusst.

Irgendwann ist es zu ende. Stellt euch den Augenblick vor. Stellt euch vor, dass ihr noch Zeit habt euer Leben Revue passieren zu lassen. War es ein Leben, dass ihr noch einmal leben möchtet? Sicher, es war immer wieder von Tiefschlägen geprägt. Aber es gab doch auch hoffentlich lange Zeiten der Freude. Nun fragt euch, was müsst ihr an eurem Leben ändern, damit diese Bilanz zum Schluss positiv ausfällt. Lebt euer Leben für diesen Augenblick.



Geschrieben von selfdiscovery am 17.09.2008 um 02:37:

 

ja so eine Talfahrt kennt wirklich jeder. Allerdings kommt es bei mir sehr selten vor. Weder überschwängliche Freude noch besonders traurig. Ich bewege mich seit Jahren in einem emotionalen Mittelbereich.



Geschrieben von nickless am 17.09.2008 um 10:02:

 

Es gibt kaum einen normalfühlenden Menschen der nicht schon etwas betrauert hat. Es muss nicht immer derTod sein, wenn man etwas betrauert. Es gibt in unserem Leben genug andere Dinge um uns traurig zu stimmen. Das fängt schon in der Kindheit an. Ein Kind ist oft traurig, weil es etwas nicht kann/darf, das Erwachsene mit Links machen, oder es fühlt sich unverstanden und ist deshlab traurig ect. Wenn man dann zum ersten mal verliebt ist, und der /die Auserkorene erwidert unsere Liebe nicht – ist das ebenfalls ein Grund zur Traurigkeit . Findet man dann den passenden Partner, lernt man auch Phasen der Traurigkeit kennen, spätestens dann, wenn man das erste mal die *rosarote Brille * abnehmen muss um den Alltag klar zu sehen.
Das Wichtige dabei ist aber, dass wir alle auch fröhlich sein können! Man muss überlegen wie viele positive, freudige Ereignisse uns in unserm Lebenslauf widerfahren. Diese Ereignisse geben uns die Kraft um mit unserm fallweisen Traurigsein fertig zu werden. Auch wenn wir nicht immer lachen können, heisst das nicht zwangsläufig, dass wir immer traurig sein müssen.
Es gibt Zeiten, in denen wir Trauer verspüren. Und es gibt Zeiten, wo wir fröhlich sind. Beides hat eine absolute Berechtigung in unserem Leben. Und beides brauchen wir, um menschlich zu sein.



Geschrieben von Duende am 17.09.2008 um 10:18:

 

erst mal lief mir beim lesen,jetzt ein kalter Schauer über den Rücken.
wenns "dick"kommt dann ganz "dicke" ob gut oda schlecht.

Zitat:
Nun fragt euch, was müsst ihr an eurem Leben ändern, damit diese Bilanz zum Schluss positiv ausfällt. Lebt euer Leben für diesen Augenblick.


also wenn ich mein Leben nochmal leben könnte,wüßte ich wirklich nicht was ich ändern sollte.Auch wenn ich (und etliche andere) nicht imma leicht gehabt habe.Denke ich es kommt so wies kommt und
jede Erfahrung ( ob gut oda schlecht) prägt einen Menschen,macht ihm zudem was er ist...ein Mensch mit guten und schlechten Eigenschaften :o)



Geschrieben von gucki am 17.09.2008 um 14:57:

 

jemanden nachzutrauern ist wohl das schlimmste das man erlebt. da ich ja schon ziemlich betagt bin, muß ich immer mehr lieben menschen nachschaun, das ist wirklich schlimm. das allerschlimmste war aber für mich als ich meine sehr schwer an krebs erkrankte mutter ,die x operationen über sich ergehen lassen mußte und sie schlußendlich doch noch lange warten mußte bis sie sterben konnte und ich ihr, außer wenn sie in kurzen abständen die sie zu hause war, zu pflegen aber doch sonst nicht helfen konnte.

doch so viele schicksalschläge hintereinander wie demophilo sie derzeit bekommt ist wohl besonders schwer. man weiß gar nicht wie man da trost aussprechen kann.

und doch gehört die trauer- sei es auch nicht nur an den tod - wie liebe und freude zu einem erfüllten leben. das ist leben pur.

Zitat:
Nun fragt euch, was müsst ihr an eurem Leben ändern, damit diese Bilanz zum Schluss positiv ausfällt. Lebt euer Leben für diesen Augenblick


da möchte ich mich der antwort duendes anschließen. man muß solche traurigen erlebnisse als bestimmung hinnehmen und sich nicht unterkriegen lassen. für mich kann ich nur sagen, daß dies halt mein leben ist (war) und ich glücklich bin mich noch über etwas freuen zu können.

gucki



Geschrieben von Qualti am 17.09.2008 um 16:08:

 

@demo

Das Positive an Deiner Erzählung ist für mich, dass es im familiären Bereich gute Nachrichten gewesen sind.
Sicher ist man betroffen, wenn man so traurige Nachrichten über ehemalige Arbeitskollegen erfährt.
Einen Todesfall in der Familie zu beklagen, noch dazu unvorhersehbar, finde ich trotzdem tragischer.

G.Qualti



Geschrieben von Demophilo am 17.09.2008 um 18:52:

 

Ja, ich sehe es prinzipiell auch so, wiewohl es nicht nur auf Verwandtschaft ankommt. Mit Freunden kann man eine engere Bindung haben als mit Verwandten. Die beiden hat es mitten aus dem Leben gerissen hat. Das ist das Erschütternde in diesen Fällen. Wenn es alte Menschen trifft, dann kann man sich damit trösten, dass sie ihr Leben gelebt haben.



Geschrieben von Qualti am 17.09.2008 um 19:29:

 

Zitat:
Original von Demophilo
Ja, ich sehe es prinzipiell auch so, wiewohl es nicht nur auf Verwandtschaft ankommt. Mit Freunden kann man eine engere Bindung haben als mit Verwandten. Die beiden hat es mitten aus dem Leben gerissen hat. Das ist das Erschütternde in diesen Fällen. Wenn es alte Menschen trifft, dann kann man sich damit trösten, dass sie ihr Leben gelebt haben.



Vielleicht hast Du es nicht so rübergebracht, oder habe ich es falsch verstanden.
Da Du, von "Alten" (nehme nicht das Alter an) und ehemaligen Arbeitskollegen/in geschrieben hast,
erschienen mir diese Beziehungen eher kollegialer Arten.
Was Freunde anbelangt, gebe ich Dir sicher recht, aber Freundschaften gehören auch gepflegt.

LG.Qualti



Geschrieben von Demophilo am 17.09.2008 um 20:46:

 

Zitat:
Original von Qualti
Vielleicht hast Du es nicht so rübergebracht, oder habe ich es falsch verstanden.
Da Du, von "Alten" (nehme nicht das Alter an) und ehemaligen Arbeitskollegen/in geschrieben hast, erschienen mir diese Beziehungen eher kollegialer Arten.


Doch ich meine das Alter. Also 60+. Sie war 40. Er ist 40. Ich denke, dass das mitten im Leben ist und deshalb erschütternd. Es waren vielleicht Beziehungen kollegialer Art, aber sehr positive.

Es gibt noch einen Fall, der die Betroffenheit erhöht:
2003 habe ich im Bahnhof Attnang-Puchheim auf den einfahrenden Zug gewartet. Ich habe gerade in die andere Richtung geschaut, da sehe ich, wie alle einen Meter zur Seite springen und gleichzeitig pfeift der Zug und die Bremsen quietschen. Ich habe nicht lange nachgedacht und ohne zu wissen warum, den Sprung mitgemacht. Als ich zurückschaute, sah ich viele Rucksäcke am Bahnsteig. Ich dachte, dass einer umgefallen ist und auf das Gleis stürzte. Doch ein 15-Jähriger und eine 19-Jährige sind unerlaubt über das Gleis gegangen und haben den einfahrenden Zug wegen einer Lok, die auf der anderen Seite stand, übersehen. Er war sofort Tod. Sie starb im Spital an den Kopfverletzungen.
Wenn man so etwas miterlebt, nimmt das einen mit, ohne das man die Leute gekannt hat. Und wenn man frisches rotes Blut sieht und weiß, dass das kein Film ist, gibt es einem auch einen Stich ins Herz.



Geschrieben von Qualti am 19.09.2008 um 00:23:

 

Ich denke, dass so ein Erlebnis jeden betroffen macht, Demo!
So, geht es mir auch wenn ich in der Zeitung lese, dass ein Vater sein Kind aus dem Fenster warf,
oder eine Mutter, die ihren Kindern mit einer Axt die Köpfe einschlug,
unschuldige Menschen von Betrunkenen KFZ - Lenkern über den Haufen gefahren werden. usw.
Trotzdem ist es ein Unterschied, ob es einen Dir lieb gewordenen "Menschen", oder eine Fremde Person betrifft.
Eigentlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass Du meiner Meinung nach, keinen großen Schicksalsschlag hinnehmen musstest.
Also sieh es nicht so negativ, das Schicksal kann noch viel härter zuschlagen, ich weiß wovon ich spreche.


G.Qualti



Geschrieben von Milady am 19.09.2008 um 11:47:

 

es stimmt schon , qualti

mich berückt es auch wenn ich sowas lese oder auch mal bei einem unfall was sehe
aber es ist nicht das selbe , als wenn ich wem , der mir echt am herzen liegt,verlier oder leiden seh

da sind welten dazwischen
danke das wolltest du damit sagen , oder??



Geschrieben von Qualti am 20.09.2008 um 21:24:

 

Richtig! Milady



Geschrieben von nickless am 21.09.2008 um 10:02:

 

wir massen uns oft an, anderen Menschen in ihrer Trauer Ratschläge und Tipps zu geben, wie sie mit ihrer Trauer und ihren Schmerz umgehen sollen.
betrifft so eine Situaliton aber uns selbst, haben die meisten unserer Ratschläge keine Gültigkeit. Denn jetzt empindet der Betroffene sein Schicksal, seine Trauer seinen Schmerz und seine Angst als etwas sehr persönliches, und in dieser Situation erscheinen ihm die gutgemeinten Phrasen seiner Mitmenschen eher unangebracht.



Geschrieben von Qualti am 21.09.2008 um 14:43:

 

Zitat:
Original von nickless
wir massen uns oft an, anderen Menschen in ihrer Trauer Ratschläge und Tipps zu geben, wie sie mit ihrer Trauer und ihren Schmerz umgehen sollen.
betrifft so eine Situaliton aber uns selbst, haben die meisten unserer Ratschläge keine Gültigkeit. Denn jetzt empindet der Betroffene sein Schicksal, seine Trauer seinen Schmerz und seine Angst als etwas sehr persönliches, und in dieser Situation erscheinen ihm die gutgemeinten Phrasen seiner Mitmenschen eher unangebracht.



Wie, bzw. was, würdest Du jemandem sagen,

der sich in diesem Gemütszustand befindet

und Dich um Deine Meinung fragt, nickless? Nichts?gruebbel


LG.Qualti



Geschrieben von nickless am 21.09.2008 um 15:06:

 

@ Qualti

ich würde keinem Menschen meinen Beistand verweigern

und ich bin mir sicher, dass ein gekonntes Zuhören, oder ein schlichtes Handhalten oft mehr ausrichtet als alle Floskeln der Welt.
auf Wunsch bin ich auch zu einem Gespräch bereit.
nur, dass sich meine eigenen Trauererfahrungen auf andere interpretieren lassen, wage ich zu bezweifeln.

Trauer und Schmerz erfordern viel Feingefühl. und , meiner Meinung nach, sollten wir den Wünschen des Betroffenen nachkommen und ihn nicht mit Eigenerfahrungen zumüllen.



Geschrieben von Milady am 21.09.2008 um 15:17:

 

dieses bekannte "BEILEID WÜNSCHEN" ist so und so für mich das schlimmste gewesen
da wünschen dir leute beileid , die dann heimgehn und kuchen futtern oder sonst was tun , wärden du deinen geliebten menschen unter die erde gebracht hast

einfach da sein , und mal nachfragen ob man was tun kann für den trauernden , das ist mehr wert das das dumme "FALSCHE beileid"



Geschrieben von nickless am 21.09.2008 um 16:15:

 

Zitat:
einfach da sein , und mal nachfragen ob man was tun kann für den trauernden


Du hast es auf den Punkt gebracht Milady



Geschrieben von gucki am 21.09.2008 um 17:53:

 

ich finde auch, daß es das beste für einen trauernden ist für ihn dazusein und zuzuhören und auch wenn er hundertmal dasselbe spricht. zuhören für einen trauernden menschen hilft ihm mehr als eine beileidsfloskel.
ich habe in meinem bekanntenkreis ein bekannte die grad sehr trauert. sie erzählt mir jeden tag x-mal dasselbe, doch ich lasse sie reden und sich aussprechen. ich denke das aussprechen erleichtert sie und hilft ihr ihre traurigkeit zu verarbeiten.



Geschrieben von Qualti am 21.09.2008 um 17:53:

 

Leute welche einem Beileid wünschen, stehen einem nicht so nahe, wie vielleicht dem Verstorbenen.
Es ist ein Ausdruck des Mitgefühls, der bei uns (noch) zum Ritual einer Verabschiedung gehört.
Unter Verwandten ist es nicht üblich Beileid zu bekunden, da doch jeder leidet.
Trost spenden kann sowieso nur jener, der den Bedauernswerten gut kennt, und über seine menschlichen Eigenschaften Bescheid weiß, bspw. Partner, Kinder, Geschwister und gute Freunde.

LG.Qualti



Geschrieben von leonna am 03.11.2008 um 14:15:

 

Qualti du hast es auf den PUNKT gebracht!



Geschrieben von queen am 04.11.2008 um 07:44:

 

Vor einiger Zeit ist das Baby meiner Schwägerin gestorben.
Ich hab angst gehabt was ich ihr sagen soll, wie ich sie trösten soll, aber es ist ganz anders gekommen als ich gedacht habe.
Ich bin zu ihr hingefahren sie hat geredet, wir haben etwa 2 Stunden gemeinsam geweint, und als ich gefahren bin hat sie sich etliche male bedankt, das ich da gewesen bin.

In so einem Fall kann man nichts sagen, keine tröstenden Worte, und keine Antworten auf das warum. Man kann einfach nur zuhören und dasein, das ist es was zählt.



Geschrieben von gucki am 04.11.2008 um 14:06:

 

@queen

du hast das einzig richtige gemacht - so habe ich das mit meinem vorherigen thread auch gemeint - du hast dein herz sprechen lassen und mit deiner schägerin getrauert, sie sich aussprechen lassen und das hat ihr gut getan.


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