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Goldnas
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Die Katastrophe von Tschernobyl begann als Experiment |
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1. Folge der WELT-Serie über den Reaktorunfall und seine Folgen: Chronologie der Unglücksnacht
Von HARTWIG SCHULTE und NORBERT LOSSAU
Am 26. April jährt sich zum zehnten Mal der Tag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl - ein Unglück, bei dem auch heute erst eine Zwischenbilanz gezogen werden kann. Große Flächen Weißrußlands, der Ukraine und Rußlands sind noch immer radioaktiv verseucht. Die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme der betroffenen Länder sind gewaltig. In einer heute beginnenden Serie berichtet die WELT über das Unglück und seine Folgen.
Kiew - Tschernobyl, dieser ukrainische Ort, war bis 1986 kaum jemandem bekannt. Heute steht dieses Wort weltweit für eine außer Kontrolle geratene Technik, für die bislang größte Katastrophe in der Geschichte der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Eine riskante nukleartechnische Konstruktion, schlampige Bauweise, mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen, Erfolgszwang und Selbstüberschätzung waren die Ursachen dafür, daß sich in dem aus vier Reaktoren bestehenden Kernkraftwerk "Lenin" nördlich von Tschernobyl ein Gau, der "größte anzunehmende Unfall", ereignete.
In der Nacht zum 25. April wurde der Reaktor 4 planmäßig zur jährlichen Revision um 1.00 Uhr nachts abgefahren. Im Rahmen dieses Abschaltvorgangs war ein Experiment an einem der beiden Turbinengeneratoren geplant. Es sollte untersucht werden, wie sich ein Stromausfall auf den Reaktorbetrieb auswirken würde und ob die Rotationsenergie des auslaufenden Generators zur Notstromerzeugung genutzt werden könnte.
Anders als bei früheren Versuchen dieser Art - die allesamt gescheitert waren - wollte man diesmal aber den Reaktor bei 20 bis 30 Prozent seiner Maximalleistung in Betrieb halten, um bei unbefriedigenden Resultaten das Experiment sofort wiederholen zu können.
Bis 3.47 Uhr war die Leistung des Reaktors auf 50 Prozent heruntergefahren. Am Morgen des 25. April schien sich dann das spätere Unheil bereits anzukündigen. Um 7.10 Uhr unterschritt die sogenannte "betriebliche Reaktivitätsreserve" den zulässigen Grenzwert. Der Reaktor hätte sofort vollständig abgeschaltet werden müssen - ähnlich wie ein Pilot einen Start abbrechen muß, wenn die Flugzeugtriebwerke nicht ausreichend Schub liefern. Doch der Reaktor wurde unverändert auf 50 Prozent Leistung gehalten.
Unbeeindruckt von dieser Anomalie, sollte das geplante Experiment in der kommenden Nacht zum 26. April durchgeführt werden. Bis heute konnte nicht geklärt werden, warum es dann um 0.28 Uhr - weniger als eine Stunde vor dem Unfall - beim Umschalten der Reaktorregelung zu einem Leistungsabfall auf nur ein Prozent kam. Die Sicherheitsvorschriften sahen eine Untergrenze der Leistung von 20 Prozent vor. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Reaktor sofort abgeschaltet und der Versuch verschoben werden müssen. Statt dessen steuerte man durch das Ausfahren von Reaktorsteuerstäben von Hand gegen und hob die Leistung wieder auf sieben Prozent an.
Der nächste fatale Fehler wurde um 0.43 Uhr begangen, als die automatische Notabschaltung des Reaktors unwirksam gemacht wurde. Der das Experiment leitende Elektroingenieur hatte offenbar von Reaktorphysik so wenig Ahnung, daß er sich über den instabilen Zustand des Reaktors gar nicht bewußt gewesen ist. Wie später festgestellt wurde, war der gesamte Versuch dilettantisch vorbereitet worden. Er war als rein elektronischer Test eingestuft worden, bei dem keinerlei Rückwirkung auf den Reaktor einkalkuliert wurde.
Um 1.23 Uhr begann das "historische" Experiment. Die vier Hauptkühlpumpen wurden abgeschaltet und liefen aus. Dann ging alles ganz schnell: Die Wärmeleistung des Reaktors steigt dramatisch schnell, das Kühlmittel verdampft schlagartig, Rohre bersten, der Reaktorkern wird zerstört, Wasserdampf reagiert mit heißem Graphit zu Wasserstoff. Für eine versuchte Notabschaltung war es nun zu spät. Die verbogenen und beschädigten Steuerstäbe ließen sich nicht mehr in den Reaktor einfahren. Keine Minute war seit dem Start des Versuchs vergangen, da schleuderte eine gewaltige Explosion das 1000 Tonnen schwere Dach vom Reaktorgebäude, radioaktiven Kernbrennstoff und Spaltprodukte in die Luft und brennende Graphitstücke auf die Dächer der Nachbarreaktoren.
Etwa 50 Tonnen Kernbrennstoff verdampften aus den oberen zentralen Bereichen des geschmolzenen Reaktorkerns und wurden in Form von kleinen Urandioxid-Partikeln in die Atmosphäre abgegeben. Es folgte eine Freisetzung von festem Nuklearbrennstoff und Graphit. Aus den Randbereichen des Reaktorkerns wurden zusammen mit Trümmerteilen 70 Tonnen Brennstoff und 700 Tonnen Graphit ausgestoßen. Der zerstörte Atommeiler glich dem Krater eines Vulkans. Die Temperatur in dem tobenden Reaktor erreichte 2700 Grad Celsius. Ein glühender Ball strahlte in den Nachthimmel.
Schon vier Minuten nach der Explosion begann die Brandbekämpfung durch die 42 Werksfeuerwehrmänner. Zunächst wurden größere Ölbehälter und Kabelkanäle des benachbarten Reaktorblocks 3 gekühlt. Das Löschen der Brände im Block 4 war aufgrund der starken Rauchentwicklung und der extrem hohen Temperaturen überaus schwierig. Die durch die Explosionen verursachten Zerstörungen erschwerten den Zugang auf das 70 Meter hohe Dach. Dennoch waren die mehr als 30 konventionellen Brände nach drei Stunden gelöscht. Gegen 5.00 Uhr wurde dann der direkt an den Block 4 angrenzende Block 3 abgeschaltet. Doch das eigentliche Unheil, die Radioaktivität, war unsichtbar und breitete sich wie ein Totentuch über der Region aus.
Die Strahlung in der Umgebung des zerstörten Reaktors betrug zwischen 1000 und 20 000 Röntgen pro Stunde. In den Straßen der rund vier Kilometer entfernten Stadt Pripjat erreichte sie am 26. April und den folgenden Tagen drei Röntgen pro Stunde. Erst in den frühen Morgenstunden des 27. April wurden die Blöcke 1 und 2 abgeschaltet, am Nachmittag die 50 000 Einwohner von Pripjat mit Bussen evakuiert.
Zugleich begann die sowjetische Führung in Moskau eine Desinformationskampagne: Angaben über die radioaktive Verseuchung der Region wurden geheimgehalten oder bagatellisiert. So behaupteten Repräsentanten der sowjetischen Atomenergiebehörde noch am 6. Mai auf einer Pressekonferenz in Moskau, die Radioaktivität in der Umgebung des havarierten Reaktorblocks betrage insgesamt nur 0,015 Röntgen pro Stunde. Auch Michail Gorbatschow beteiligte sich an dieser Desinformation.
Die erste radioaktive Wolke aus dem zerborstenen Reaktor ging im Bereich des sich im Bau befindlichen fünften Reaktorblocks nieder. Ihre Aktivität betrug 10 000 Röntgen pro Stunde. Zu jener Zeit durchquerten dieses erste Fallout-Gebiet zahlreiche Bauarbeiter. Sie kamen von der Nachtschicht oder gingen am Morgen des 26. April zur Arbeit. Was aus ihnen geworden ist, wissen nur wenige.
Das zweite Fallout-Gebiet war ein junger Kiefernwald zwischen dem Reaktor und der Stadt Pripjat, in dem die Aktivität 30 Röntgen pro Stunde betrug. Durch die hohe Strahlenbelastung verfärbte sich der Wald rötlich und starb ab.
In die Nähe dieses Waldes waren neugierige Kinder mit ihren Fahrrädern aus Pripjat gefahren, um die Feuerwehrleute auf dem Dach des zerstörten Reaktors zu beobachten. Als Aussichtsplattform diente der Kinderschar auch ein Brückenübergang bei der Bahnstation Janow. Und von ihren Balkonen und Fenstern beobachteten zahlreiche Einwohner Pripjats das Spektakel, ohne die tödliche Gefahr zu ahnen. Die extrem hohen Strahlendosen führten unweigerlich zur Strahlenkrankheit.
Seit dem 26. April bildeten sich bis zum 6. Mai in der Atmosphäre über dem zerstörten Reaktor immer neue radioaktive Wolken. Mit den Winden wurden die radioaktiven Stoffe transportiert und rieselten dann wieder auf die Erde - zunächst auf die Urkaine, Weißrußland und Rußland, dann auf das Baltikum, Skandinavien und schließlich auch Westeuropa. Am 28. April wird in Schweden eine erhöhte Radioaktivität gemessen, Experten vermuten sofort einen Reaktorunfall in der Sowjetunion. Die Daten offenbaren, daß es zu einer Kernschmelze gekommen sein mußte.
Erst heute wissen wir, daß allein in der Ukraine 1614 Ortschaften mit insgesamt 1,44 Millionen Einwohnern, davon 250 000 Kindern, von den radioaktiven Niederschlägen betroffen wurden. In Rußland wurden fast 55 100 Quadratkilometer mit 2,3 Millionen Einwohnern in Mitleidenschaft gezogen. 70 Prozent des nuklearen Fallouts allerdings gingen auf Weißrußland nieder, das somit die Hauptfolgen der atomaren Katastrophe zu tragen hat. Insgesamt wurden dort auf einer Fläche von etwa 40 000 Quadratkilometern rund 2,2 Millionen Menschen, davon zirka 800 000 Kinder, heimgesucht. Besonders betroffen sind die Gebiete von Gomel und Mogilew. Über dem Ort Mogilew ließ man radioaktive Wolken abregnen, die Kurs auf Moskau zu nehmen drohten.
Die radioaktive Cäsiumwolke aus dem Unglücksreaktor erreichte schließlich die untere Grenze der Stratosphäre und zog bis nach Nordamerika. Dort wurde der US-Bundesstaat Florida am stärksten betroffen. Die letzte radioaktive Wolke aus Cäsium-137 löste sich erst 20 Monate nach dem Unglück über der Antarktis auf.
Forscher errechneten, daß in Tschernobyl soviel Radioaktivität wie bei der Explosion von 90 Hiroshima-Bomben freigesetzt worden ist. Aufgrund der Langlebigkeit verschiedener Radionuklide wird das "radioaktive Echo" von Tschernobyl die Menschen noch nach Jahrhunderten erreichen.
Quelle: http://www.welt.de/daten/1996/04/03/0403ws101077.htx
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26.04.2003 22:11 |
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lizza
Königin
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am 26. april jährte sich auch der amoklauf von erfurt
__________________ ~und jedem anfang wohnt ein zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.~
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27.04.2003 10:24 |
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Jesus
Baron
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Nieder mit der Atomkraft!!!
__________________ Iesus Nazerenus Rex Iudaroeum
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29.05.2003 16:16 |
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